Geschichte

Ein beachtliches Gebäude


Am 1. April 1909 wurde mit der Ausführung der Betonfundamente der Bau des damaligen Lyzeums, des späteren Oberlyzeums und des heutigen Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums begonnen. Die überaus schnelle Entwicklung Pankows - das damals noch ein über 40000 Einwohner zählender Vorort Berlins war - bedingte die Bereitstellung neuer Schulräume. Die Gemeindevertretung beschloss daher am 7. Juli 1908 den Bau einer höheren Mädchenschule, eines Lehrerinnenseminars nebst Übungsschule sowie dreier Gemeindedoppelschulen nach den Entwürfen des Regierungsbaumeisters Carl Fenten.

Am 1. April 1910 konnten - nach nur einjähriger Bauzeit - die ersten 10 Klassen der höheren Mädchenschule bereits Einzug in das neue Haus halten, denen am 1. Oktober 14 Gemeindeschulklassen folgten. Am 5.11.1911 fanden die Einweihungsfeierlichkeiten der Höheren Mädchenschule und des Höheren Lehrerinnenseminars statt.

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Der Schulkomplex war damals der größte in ganz Groß-Berlin und galt als eines der schönsten Bauwerke nicht nur Pankows, sondern der ganzen Umgebung. Die Baukosten beliefen sich auf 1.980.000 Mark.  Die Größe der Anlage ließ eine Heizungszentrale geboten erscheinen. Diese wurde mit einem Elektrizitätswerk für Gleichstrom verbunden und diente später als Fernheizwerk, von dem die Mehrheit der behördlichen Einrichtungen beheizt wurden. Der vom Kesselhaus gelieferte Dampf wurde teilweise unmittelbar in die Räume geleitet und teilweise in Heizkammern geschickt, in denen die von außen zugeführte frische Luft vorgewärmt und durch Kanäle, welche mit stellbaren Regulierklappen versehen waren, in die einzelnen Räume geleitet wurde. Eine Fernthermometeranlage gestattete in der Zentrale eine exakte Regelung für jeden einzelnen Raum. Zur Entlüftung dienten in jeden Raum mündende Abluftkanäle.

Die Fassade des bis zu einer Höhe von vier Stockwerken reichenden Baus ist im Stil der Spätrenaissance gehalten, als Material wurde Terrasitedelputz verwandt. Der in seinem dritten Stock die Aula enthaltende Flügel ist durch einen kräftigen Risalit betont und durch einen gewaltigen Giebel geziert, der von einer Minervastatue bekrönt war. Am östlichen Ende des Flügels bildet ein reich ornamentierter Treppenturm den Abschluss. Am Westende des Hauptflügels erstreckt sich bis zur Straße ein kürzerer Flügel, der in seinen vertikalen Abmessungen allmählich bis auf die für Privathäuser übliche Höhe abfällt und als Abschluss einen Giebel trägt, der von einer die Eitelkeit symbolisierende weibliche Figur bekrönt wurde. In der von den beiden Flügeln gebildeten Ecke erhebt sich der das Haupttreppenhaus enthaltende Turm, der im Erdgeschoß von dem reich ornamentierten Hauptportal geziert ist. Den oberen Abschluss bildet eine kupfergedeckte Kuppel. Die dort angebrachte Laterne konnte zu astronomischen Zwecken Verwendung finden. Auch auf die architektonische Durchbildung der Hofseite wurde Wert gelegt. Die interessante und abwechslungsreiche Fassade wurde durch mancherlei allegorische Darstellung aus der Märchen- und Sagenwelt ausgeschmückt. 

Der gesamte Komplex enthielt einhundertfünfzig Schulräume, darunter Spezialräume für Physik, Chemie, Biologie, Gesang, Handarbeit. Zur Aula, welche einschließlich Galerie rund 770 Personen fasste, gelangt man durch ein monumental angelegtes Treppenhaus. Die Mittelkorridore wurden im romanischen, gotischen und Spätrenaissancestil ausgeführt. Die Durchbrechung der Klassenraumwände mit Fenstern sorgte für hinreichende Belichtung. Die Fußböden wurden teilweise mit Linoleum belegt, die Hallen erhielten ebenso wie die Treppenpodeste Fliesen. Die Treppenstufen wurden aus Granit gefertigt. Zur leichteren Unterscheidung waren sämtliche Treppenhäuser sowie die Korridore und Klassen jedes Stockwerks in verschiedenen Farbtönen gehalten. Die Flure waren vorhangartig ausgemalt. In den Wänden wurden Abfallschächte eingebaut, die mit selbsttätig zufallenden Klappen versehen waren.

 

Der Artikel entstand auf der Grundlage einer Veröffentlichung des Architekten Carl Fenten "Die neuen Schulbauten in Pankow". Das Fotomaterial stammt aus Privatbesitz.